Eintrag: #093
Dieser kleine Hund wurde schnell zu meinem neuen
Freund.
Zuerst war er noch etwas scheu, als er sich mir näherte. Doch meine lockenden Worte halfen ihm, seine Angst zu überwinden und seine Neugier zu bestärken. Wenn du genau hinschaust, siehst du, dass er sich unterwürfig auf den Rücken legte – damit ich ihn ja nicht als Gegner einstufe. Ein Hund spricht nämlich intensiv mit der Körpersprache.
Jede Geste ist ein Ritual und drückt etwas aus. Wenn du Hunde längere Zeit beobachtest, kannst du mit ihnen sprechen – nicht in unserer Sprache, aber mit ruhigem, freundlichem Ton. Der Hund will ja nicht wissen, wie spät es ist oder wer vor fünfhundert Jahren irgendwo regiert hat. Er will nur wissen, ob du jetzt, in diesem Moment, ruhig und gelassen bist oder nervös.
Das eine wäre ein guter Augenblick, Kontakt
aufzunehmen – Freunde unter den Menschen kann man nie genug haben –, das andere
sollte er besser vorbeigehen lassen und nicht zu nahe kommen (in dem Fall an
meinen Fuß). Ja gut, dachte sich der
Hund, wenn er schon so verlockend mit mir spricht und mir sogar seinen Schuh
hinhält, in den ich so gerne hineinbeißen würde, dann komme ich halt ein
bisschen näher – aber nur, weil er so drängt.
Ja, solche Überlegungen hat ein Hund – aber keine
Jahreszahlen oder Bankkonten, auf denen zu wenig steht.
Um etwas, was man nicht hat (in dem Fall zu wenig Geld),
braucht man sich ja auch nicht zu kümmern. Die Menschen sind doch komisch,
würde der Hund denken. Sie sorgen sich um Dinge, die sie nicht haben, statt
sich über das zu freuen, was sie haben – zum Beispiel über einen richtig gut
schmeckenden Schuh. Den möchte ich jetzt endlich einmal kosten.
Genau dieses Spiel haben wir miteinander gespielt. Er biss
kleine Löcher in meine Schuhe, und ich streichelte und kraulte ihn hinter den
Ohren. So wurden wir Freunde – und wenn
er nicht irgendwo noch besser schmeckende Schuhe gefunden hat, sind wir es auch
heute noch.
Ich hatte leider vergessen, ihn nach seinem Namen zu fragen,
aber das hole ich beim nächsten Mal nach und erzähle euch dann, wie er mir das
übersetzt.
Don José




























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